29.10.2025
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11
Minuten Lesezeit
Von Jan Nordh, Nordh Executive Search – Executive Headhunter für IT- und Cybersecurity-Verkäufe in der DACH-Region
Einleitung
Warum verlassen einige Kandidaten mit beeindruckenden Lebensläufen trotzdem das Interview ohne ein Angebot —
während andere mit weniger Berufserfahrung sechsstellige Vergütungspakete sichern?
Nach mehr als 18 Jahren als Headhunter und 20 Jahren zuvor im IT-Vertrieb,
habe ich ein ständiges Muster gesehen:
Erfolg bei Interviews hat selten mit Glück oder Intelligenz zu tun.
Es geht darum, zu verstehen, wie Personalverantwortliche denken — und das Gespräch strategisch zu führen.
Ein Interview ist keine Vernehmung oder lockere Unterhaltung.
Es ist ein strukturiertes Geschäftsgespräch, bei dem Sie vor allem eines zeigen müssen:
dass Sie ein echtes Problem für das Unternehmen lösen können.
In diesem Artikel werde ich Sie durch die acht häufigsten Interviewfehler führen, die ich auf dem europäischen Markt sehe —
und wie man sie Schritt für Schritt behebt.
1️⃣ Sie verstehen das Geschäftsproblem nicht
Die meisten Kandidaten bereiten sich vor, indem sie sich über das Unternehmen informieren —
aber sie fragen nie warum diese Rolle tatsächlich existiert.
Jede Position wurde geschaffen, um ein Problem zu lösen:
verlorene Einnahmen, ineffiziente Prozesse oder Marktexpansionsherausforderungen.
Wenn Sie den geschäftlichen Kontext nicht verstehen, können Sie Ihre Erfolge nicht mit dem verbinden, was wirklich zählt.
Beispiel:
Ein Softwareanbieter stellt einen neuen Enterprise Sales Executive ein.
Der eigentliche Grund könnte nicht "Wachstum" sein, sondern eher ein Wechsel von Lizenzen zu SaaS oder das Betreten eines regulierten Sektors wie dem öffentlichen Sektor oder Finanzwesen.
Mein Rat:
Studieren Sie keine Marketingbroschüren — denken Sie wie ein Berater.
Welches Schmerzproblem muss das Unternehmen lösen, und wie können Ihre bisherigen Ergebnisse beweisen, dass Sie es beheben können?
2️⃣ Sie beschreiben, was Sie getan haben — nicht was Sie geliefert haben
Das ist einer der größten Killer in Interviews.
Sätze wie „Ich war verantwortlich für wichtige Kunden“ klingen gut — aber sie verkaufen keine Auswirkungen.
Manager kaufen Ergebnisse, nicht Aktivitäten.
Verwenden Sie die XYZ-Formel:
„Ich habe X erreicht, gemessen an Y, indem ich Z gemacht habe.“
Beispiel:
„Ich habe den Umsatz im öffentlichen Sektor um 35 % gesteigert, indem ich ein gemeinsames Partnerprogramm mit Microsoft ins Leben gerufen habe.“
Zahlen, Metriken und Ursache-Wirkung-Aussagen lassen Sie sofort herausstechen.
Sie signalisieren, dass Sie den geschäftlichen Wert verstehen — nicht nur Aufgaben.
3️⃣ Sie reden zu viel und verlieren die Struktur
Viele Kandidaten glauben, lange Antworten zeigen Kompetenz.
In Wirklichkeit zeigen sie Verwirrung.
Klarheit ist Macht.
Wenn Sie etwas nicht einfach erklären können, verstehen Sie es wahrscheinlich nicht gut genug.
Verwenden Sie Frameworks wie STAR (Situation – Aufgabe – Aktion – Ergebnis) oder CAR (Herausforderung – Aktion – Ergebnis).
Diese helfen Ihnen, prägnant, strukturiert und ergebnisorientiert zu bleiben — genau das, was Personalverantwortliche wollen.
4️⃣ Sie wirken vorbereitet, aber nicht professionell
Das mag geringfügig erscheinen, aber selbst erfahrene Fachleute verlieren hier Punkte.
Videointerviews mit schlechtem Licht, Echo oder unordentlichen Hintergründen erwecken Zweifel an der Zuverlässigkeit.
Ihre Einrichtung erzählt eine Geschichte über Ihre Standards.
Checkliste:
- Neutrale Hintergrund 
- Kamera auf Augenhöhe 
- Richtige Beleuchtung 
- Kabelgebundenes Headset (Bluetooth-Abbrüche vermeiden) 
Wenn Sie Ihre eigene Präsentation nicht managen können, wie werden Sie komplexe Kundeninteraktionen managen?
Professionelle Präsenz beginnt, bevor Sie Ihr erstes Wort sagen.
5️⃣ Sie kommen pünktlich an — sind aber nicht bereit
Bei virtuellen Interviews: fünf Minuten früher zu sein, ist die neue Pünktlichkeit.
Überprüfen Sie Ihre Kamera, Ihr Mikrofon und das Internet, bevor Sie beitreten.
Logistische Bereitschaft schafft mentale Bereitschaft.
Wenn Sie den Anruf verunsichert beginnen und sich für technische Probleme entschuldigen, verschwindet Ihre Gelassenheit.
Und Gelassenheit ist es, was Seniorität signalisiert.
Beginnen Sie ruhig — es ist Teil Ihrer persönlichen Marke.
6️⃣ Sie stellen die falschen Fragen
Wenn Sie gefragt werden, „Haben Sie Fragen an uns?“, verschwenden die meisten Kandidaten diesen Moment mit:
„Wie ist die Unternehmenskultur?“
Das ist eine Sackgasse.
Zeigen Sie stattdessen Neugier über Leistung und Auswirkungen:
„Was müsste passieren, um in den ersten sechs Monaten Erwartungen zu übertreffen?“
„Welche messbaren Ergebnisse definieren den Erfolg in dieser Rolle?“
Intelligente Fragen zeigen strategisches Denken —
und helfen Ihnen, zu verstehen, was für Ihren zukünftigen Manager wirklich wichtig ist.
7️⃣ Sie verwechseln Selbstbewusstsein mit Ego
Selbstbewusstsein hat nichts mit lauterem Reden oder Selbstüberschätzung zu tun.
Es geht um ruhige Überzeugung.
Personalverantwortliche nehmen sofort Ihre Energie wahr:
stetiger Ton, klare Struktur, durchdachte Beispiele.
Angebermodus schafft Distanz.
Gelassenheit schafft Vertrauen.
Sie müssen nicht beeindrucken — Sie müssen Kontrolle demonstrieren.
Das ist es, worauf erfahrene Führungskräfte reagieren.
8️⃣ Sie schließen passiv ab, anstatt wie ein Berater
Die meisten Kandidaten beenden Interviews mit:
„Danke für Ihre Zeit, ich freue mich darauf, von Ihnen zu hören.“
Das ist höflich, aber vergesslich.
Top-Performer schließen das Gespräch wie Partner ab:
„Es klingt so, als wäre [Problem oder Ziel] ein Schwerpunkt für Ihr Team.
Wenn ich nächste Woche anfangen würde, würde ich zuerst [spezifische Initiative] in Angriff nehmen.
Passt das zu Ihren Prioritäten?”
Dieser eine Satz verändert die Wahrnehmung sofort.
Es zeigt strategisches Denken, Ausrichtung und Führungspotenzial —
genau das, was Vertrauen auf Senior-Ebene verdient.
Abschließende Gedanken
Ein Interview geht nicht darum, Ihre Vergangenheit zu verkaufen — es geht darum, Ihren zukünftigen Wert zu beweisen.
Sie erzählen keine Geschichten; Sie verbinden Ihre Erfahrungen mit ihren Zielen.
Wenn Sie diese acht Prinzipien anwenden, werden Sie zwei Dinge bemerken:
- Sie werden sich Ihrer Erzählung mehr gewiss fühlen. 
- Interviewer werden anfangen, Sie wie einen Kollegen und nicht wie einen Kandidaten zu behandeln. 
Dann erscheinen die echten Angebote.
Über den Autor
Jan Nordh ist Executive Search Consultant mit über 40 Jahren in der IT-Branche — darunter mehr als 18 Jahre als Headhunter.
Vor der Gründung von Nordh Executive Search in München im Jahr 2007 verbrachte er zwei Jahrzehnte im Vertrieb und baute fünf US-Tech-Startups in Europa auf.
Heute ist Jan einer der führenden Headhunter für Cybersecurity-, Cloud- und KI-Verkäufe in der DACH-Region.
Seine Erfolgsquote bei Kandidaten übersteigt 97 %, angetrieben von seiner einzigartigen Kombination aus Marktverständnis, persönlichem Netzwerk und praktischer Erfahrung auf beiden Seiten des Einstellungstisches.

